Neuer MigrationspaktWill die UNO globale Personenfreizügigkeit?
Der Bundesrat will ein neues UNO-Abkommen unterzeichnen, das Migration weltweit erleichtern soll. Jetzt regt sich Widerstand – auch aus einer unerwarteten Ecke.
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- nk/daw
«Sichere, geordnete und reguläre Migration zum Wohle aller erleichtern»: Das ist das Ziel des neuen Migrationsabkommens der Uno. Schon im Dezember will es der Bundesrat unterzeichnen. Allen Migranten solle ermöglicht werden, «unsere Gesellschaften durch ihre menschlichen, wirtschaftlichen und sozialen Fähigkeiten zu bereichern», wie es im Dokument heisst. Es sei ein «umfassender Ansatz» erforderlich, um den Gesamtnutzen von Migration zu optimieren.
Doch es regt sich Widerstand: Dass die staatspolitische Kommission des Nationalrats fordert, das Abkommen dem Parlament vorzulegen, feiert die SVP als «Etappensieg». Jetzt bekommt die Partei Unterstützung von unerwarteter Seite: «Beobachter»-Chefredaktor Andres Büchi findet es «bedenklich», dass ausser «einschlägigen Rechtspopulisten» kaum jemand den Pakt kritisiere. «Der Plan skizziert die Vision einer globalisierten Welt, in der die einzelnen Staaten ihre Souveränität in weiten Teilen preisgeben sollen zugunsten einer humanistischen, idealen, aber gleichzeitig durchökonomisierten Welt», wie er in einem Kommentar schreibt.
«Gefährliche ideologische Zwängerei»
Zwar wird auch die Souveränität der einzelnen Staaten als Leitprinzip betont. Jedes Land solle seine Migrationspolitik weiterhin selber bestimmen dürfen. Das geschehe aber nur «unter zahlreichen Vorbehalten, die dieses Recht gleich wieder zur Makulatur machen», so Andres Büchi. Die eigenständige Steuerung der Zuwanderung werde damit verunmöglicht.
Das ohne Zustimmung mindestens des Parlaments oder gar des Volkes durchzuwinken, hält er für «gefährliche ideologische Zwängerei».
Braucht es Gesetzesanpassungen?
Der Migrationspakt ist politisch hoch umstritten: Während für Befürworter Fabian Molina (SP) der bessere menschenrechtliche Schutz für Migranten im Vordergrund steht, sehen Gegner wie Doris Fiala (FDP) darin den ersten Schritt zur «quasi weltweiten Personenfreizügigkeit». Einige der Massnahmen, zu denen sich die unterzeichnenden Länder verpflichten, würden auch von der Schweiz rechtliche Änderungen erfordern:
• Erleichterter Familiennachzug für «Migranten auf allen Qualifikationsstufen»
• In der Schweiz geborene Kinder von Migranten sollen automatisch den Schweizer Pass bekommen, vor allem wenn sie sonst staatenlos wären
• Es soll ein gleiches Basisniveau an sozialem Schutz für Staatsbürger und Migranten geben
• Unter-18-Jährige dürfen nicht in Ausschaffungshaft genommen werden
Der Bundesrat sieht dagegen innenpolitisch keinen Handlungsbedarf, wie er in einer Mitteilung schreibt: Nur die Ausschaffungshaft für Minderjährige, die in der Schweiz ab 15 Jahren erlaubt ist, erfülle die Kriterien des Dokumentes nicht. Doch das sei kein Grund, den Pakt als Ganzes abzulehnen. Anfang Dezember soll er im marokkanischen Marrakesch unterzeichnet werden.
Kein Geld für migrationskritische Medien?
Kein Geld für migrationskritische Medien?
Der Migrationspakt will eine «hochwertige Medienberichterstattung» fördern. Dazu sollen Journalisten über «Migrationsfragen und -begriffe» aufgeklärt werden. Ausserdem soll die öffentliche finanzielle oder materielle Unterstützung von Medien gestrichen werden, die «systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit oder andere Formen der Diskriminierung fördern». Brisant ist dies insbesondere im Kontext des aktuellen Rufs nach Staatsgeldern zur Rettung einer vielfältigen Schweizer Medienlandschaft.